SELTENE EINBLICKE: Plötzlich ganz privat - Angela Merkel zieht Bilanz
So hat man Angela Merkel (67) selten erlebt: Sie sitzt auf einer Theaterbühne in Düsseldorf, eingerahmt von der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie, der Publizistin Miriam Meckel und der Journalistin Léa Steinacker. Und spricht nicht über Tagespolitik, sondern über Grundsätzliches, Gesellschaftliches, Philosophisches. Und sogar Persönliches.
Was hat sie geprägt? «Dass ich als Kind mit geistig Behinderten zusammen aufgewachsen bin und da keine Furcht und Berührungsängste hatte. Dass ich Physik studiert habe.» Etwa 80 Prozent der Studierenden seien Männer gewesen. Die hätten immer gleich losgelegt, so dass sie oft keinen Experimentiertisch mehr abbekommen habe. Da habe sie dann gelernt, sich in einem männlich dominierten Umfeld ihren Platz zu erkämpfen.
Die Pfarrerstochter spricht auch über den Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren. Natürlich sei es hart, wenn etwas so Privates geschehe und man gleichzeitig den Blicken der Öffentlichkeit ausgeliefert sei. «Wenn man dann immer angeguckt wird: Sieht man was? Das find ich schon schwer. Da muss man sich seinen Raum bauen.» In diesen Raum habe sie dann niemanden hineingelassen, der da nicht hingehöre.
Ihr schwerster Moment? Die Eurokrise, als sie den Bürgern in Griechenland so viel zugemutet habe. Und schöne Momente? «Sehr oft wenn man einen Kompromiss gefunden hat.» Zum Beispiel die Verabschiedung des Lissabon-Vertrags, der die Europäische Union auf ein neues Fundament stellte. Oder im vergangenen Jahr, als sich die Staats- und Regierungschefs der EU nach langem Streit doch noch auf die Corona-Hilfen einigten. «Dann ist man glücklich», so die Kanzlerin.
Hat sie mit ihrer Flüchtlingspolitik die Gesellschaft gespalten? Nein, das sieht sie nicht so. Dass ihr berühmtester Satz «Wir schaffen das» eine Einladung an alle Flüchtlinge gewesen sei, nach Deutschland zu kommen, glaube sie nicht. 2015 hätten doch die Flüchtlinge schon vor der Tür gestanden. «Und jetzt zu sagen: Passt mal auf, zurück übers Mittelmeer, das war für mich kein Weg.»
Stichwort Feminismus: 2017 ist sie bei einem Frauengipfel gefragt worden, ob sie sich als Feministin betrachte. Die Antwort kam zögerlich: Mit diesem Titel wolle sie sich nicht unbedingt schmücken, erklärte Merkel. Die anderen Frauen auf der Bühne - unter ihnen Donald Trumps Tochter Ivanka und die niederländische Königin Máxima - bezeichneten sich dagegen ohne Umschweife als Feministinnen.
Nun wird sie von Miriam Meckel noch einmal danach gefragt - und korrigiert ihre Position: Máxima habe ihr damals schon das Tor geöffnet mit dem Hinweis, im Grunde gehe es doch nur darum, dass Frauen und Männer in gleichem Maße am gesellschaftlichen Leben teilnähmen. «In diesem Sinne kann ich heute bejahend sagen: Dann bin ich Feministin. Das habe ich damals auf der Bühne schon etwas schüchtern vorgebracht. Heute ist das besser durchdacht. In diesem Sinne kann ich sagen: Ja, wir sollten alle Feministen sein.» Enormer Jubel im Haus.
Auf die Frage, ob sie ruhigen Gewissens aus dem Amt scheide, antwortet die Bundeskanzlerin mit einem sehr klaren «ja» - und fügt unter dem Applaus des Publikums hinzu: «Ich finde, dass ich meinen Beitrag geleistet habe.» Jetzt brauche das Land etwas Neues.
Und ihre eigene Zukunft? Seitdem sie Ende 1989/Anfang 1990 in die Politik gegangen sei, habe sie eigentlich keinen normalen Arbeitstag mehr gehabt und aufgehört, sich zu fragen, was sie abseits der Politik interessiere. Das wolle sie jetzt nachholen. «Möchte ich schreiben? Möchte ich reden? Möchte ich wandern? Möchte ich zuhause sein? Möchte ich in die Welt fahren? Und dazu, hab ich mir vorgenommen, mache ich eben erstmal nichts und warte mal, was so kommt. Und das, finde ich, ist sehr faszinierend.»
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Was hat sie geprägt? «Dass ich als Kind mit geistig Behinderten zusammen aufgewachsen bin und da keine Furcht und Berührungsängste hatte. Dass ich Physik studiert habe.» Etwa 80 Prozent der Studierenden seien Männer gewesen. Die hätten immer gleich losgelegt, so dass sie oft keinen Experimentiertisch mehr abbekommen habe. Da habe sie dann gelernt, sich in einem männlich dominierten Umfeld ihren Platz zu erkämpfen.
Die Pfarrerstochter spricht auch über den Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren. Natürlich sei es hart, wenn etwas so Privates geschehe und man gleichzeitig den Blicken der Öffentlichkeit ausgeliefert sei. «Wenn man dann immer angeguckt wird: Sieht man was? Das find ich schon schwer. Da muss man sich seinen Raum bauen.» In diesen Raum habe sie dann niemanden hineingelassen, der da nicht hingehöre.
Ihr schwerster Moment? Die Eurokrise, als sie den Bürgern in Griechenland so viel zugemutet habe. Und schöne Momente? «Sehr oft wenn man einen Kompromiss gefunden hat.» Zum Beispiel die Verabschiedung des Lissabon-Vertrags, der die Europäische Union auf ein neues Fundament stellte. Oder im vergangenen Jahr, als sich die Staats- und Regierungschefs der EU nach langem Streit doch noch auf die Corona-Hilfen einigten. «Dann ist man glücklich», so die Kanzlerin.
Hat sie mit ihrer Flüchtlingspolitik die Gesellschaft gespalten? Nein, das sieht sie nicht so. Dass ihr berühmtester Satz «Wir schaffen das» eine Einladung an alle Flüchtlinge gewesen sei, nach Deutschland zu kommen, glaube sie nicht. 2015 hätten doch die Flüchtlinge schon vor der Tür gestanden. «Und jetzt zu sagen: Passt mal auf, zurück übers Mittelmeer, das war für mich kein Weg.»
Stichwort Feminismus: 2017 ist sie bei einem Frauengipfel gefragt worden, ob sie sich als Feministin betrachte. Die Antwort kam zögerlich: Mit diesem Titel wolle sie sich nicht unbedingt schmücken, erklärte Merkel. Die anderen Frauen auf der Bühne - unter ihnen Donald Trumps Tochter Ivanka und die niederländische Königin Máxima - bezeichneten sich dagegen ohne Umschweife als Feministinnen.
Nun wird sie von Miriam Meckel noch einmal danach gefragt - und korrigiert ihre Position: Máxima habe ihr damals schon das Tor geöffnet mit dem Hinweis, im Grunde gehe es doch nur darum, dass Frauen und Männer in gleichem Maße am gesellschaftlichen Leben teilnähmen. «In diesem Sinne kann ich heute bejahend sagen: Dann bin ich Feministin. Das habe ich damals auf der Bühne schon etwas schüchtern vorgebracht. Heute ist das besser durchdacht. In diesem Sinne kann ich sagen: Ja, wir sollten alle Feministen sein.» Enormer Jubel im Haus.
Auf die Frage, ob sie ruhigen Gewissens aus dem Amt scheide, antwortet die Bundeskanzlerin mit einem sehr klaren «ja» - und fügt unter dem Applaus des Publikums hinzu: «Ich finde, dass ich meinen Beitrag geleistet habe.» Jetzt brauche das Land etwas Neues.
Und ihre eigene Zukunft? Seitdem sie Ende 1989/Anfang 1990 in die Politik gegangen sei, habe sie eigentlich keinen normalen Arbeitstag mehr gehabt und aufgehört, sich zu fragen, was sie abseits der Politik interessiere. Das wolle sie jetzt nachholen. «Möchte ich schreiben? Möchte ich reden? Möchte ich wandern? Möchte ich zuhause sein? Möchte ich in die Welt fahren? Und dazu, hab ich mir vorgenommen, mache ich eben erstmal nichts und warte mal, was so kommt. Und das, finde ich, ist sehr faszinierend.»
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9 сентября 2021 г. 11:32:56
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