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Lied der Schlesier in Habelschwerdt

“Warum kommt Ihr uns so selten besuchen”, werde ich von einem älteren Herrn nach der deutschsprachigen Messe in Oppeln gefragt. Dann fügt er hinzu: “Und wenn mal Leute aus Deutschland kommen, dann haben sie Angst mit uns zu reden”. Er meint wohl den typisch deutschen vorauseilenden Gehorsam: Wer ehemals Deutsche Orte im heutigen Polen mit ihrem deutschen Namen benennt, der muß die Reichsgrenzen von 1939 wiederhaben wollen und ist damit ein Rechtsradikaler. Also am besten gar nicht erst den Anschein erwecken, daß man damit irgendetwas zu tun haben wollte.

Nach der Wiedervereinigung wurde die Oder-Neiße Linie als endültige deutsch-polnische Grenze festgelegt. Alles andere macht auch keinen Sinn, denn dort leben ja nun zum ganz großen Teil Polen. Dennoch hat es mich sehr überrascht bei einem kürzlichen Besuch in Schlesien eine beachtliche Anzahl von Deutschen vorzufinden. Die meißten von Ihnen sind in und um Oppeln in Oberschlesien zu finden. Sie haben dort inzwischen eine Bibliothek, ein Museum, einen Kulturverein, eine Wochenzeitung und einen Radiosender.

Ich war dort auf einer Tagung des Forums der Europäischen Minderheitenregionen. In diesem Zuge war es mir eine Freude zu erfahren, daß die deutsche Minderheit in Schlesien nicht nur aus Geburtsjahrgängen der Vorkriegszeit besteht. Dann hätte sie ja keine große Zukunft mehr. Sie haben aber auch eine sehr aktive Jugendorganisation und es existieren deutsche Kindergärten.

In Deutschland wurde früher manchmal sarkastisch über jene Aussiedler gesprochen, die nach Deutschland kamen, mit einem polnischen Akzent sprachen und einen polnischen Namen hatten. Man hörte dann oft den Spruch: “Die hatten wohl einen deutschen Schäferhund”. Man muß dabei bedenken, daß der Gebrauch der deutschen Sprache in ehemals deutschen Ostgebieten lange Zeit verboten war. Umso mehr fand ich es bemerkenswert, daß es noch (oder wieder) Menschen gibt, die sich zu ihrer deutschen Identität bekennen. In der letzten Volkszählung waeren es über 100.000. Die Vertretung der deutschen Minderheit geht davon aus, daß es 200.000-300.000 Menschen sind und viele sich immer noch nicht trauen, sich dazu zu bekennen. In Breslau sollen es ca. 300 Menschen sein und auch in anderen Städten gibt es deutsche Kulturvereine.

Väterlicherseits kommt auch meine Familie aus Schlesien. Ich bin in die Heimatstadt meiner Großmutter, Habelschwerdt/ Bystrzyca Kłodzka, gefahren und durch die Straße gelaufen, in der sie gewohnt hat, die Rosengasse (heute ul. Krótka). Habelschwerdt liegt sehr malerisch am Hang und hat ein sehr stattliches Rathaus, wie in vielen schlesischen Städten üblich in der Mitte eines Ringes, des viereckigen Marktplatzes. Renovierungen haben begonnen, viele Häuser sind aber noch immer renovierungsbedürftig.

Meine Großmutter, Elisabeth Wolff, geb. Hiller, ist zeitlebens nicht mehr nach Habelschwerdt zurückgekehrt. Sie wollte nicht, denn sie war immer noch traumatisiert. Bisweilen sprach sie von der Flucht, aber als Jugendlicher habe ich leider nicht richtig zugehört. Sie erzählte nur immer wieder die gleichen Geschichten. Es waren zwei oder drei Episoden, die ihr einen grossen Schrecken eingejagt haben mußten. Sie konnte auch zeitlebens kein Essen wegwerfen, egal wie satt sie war. Wahrscheinlich hatte sie Post-Traumatic Stress Disorder und wurde nie dafür behandelt. Die Mißhandlungen, denen sie ausgesetzt war, erfolgten vor allem durch Polen. Die Deutschen hatten es ihnen ja vorgemacht. Meiner bescheidenen Meinung nach ist das aber keine Rechtfertigung. Sonst würde der Kreis der Gewalt ja nie enden.

Elisabeth Hiller wurde am 12.1.1913 in Habelschwerdt geboren. Sie hatte 12 Geschwister, von denen eines früh verstarb. Sie besuchte dort die Volksschule und ging danach nach Berlin, um dort zu arbeiten. Als die Bomben auf Berlin fielen, kehrte sie zurück nach Habelschwerdt, bis sie von dort vertrieben wurde. Ich erinnere noch, daß sie erst lange laufen mußte. Ich weiß nicht mehr, ob sie in Glatz oder erst in Breslau in einen Zug steigen konnte. Der Zug fuhr in die britische Besatzungszone, aber als er unterwegs hielt, sah sie ein Schild mit der Aufschrift “Potsdam”. Kurzerhand stieg sie aus und lief mit ihren drei Kindern nach Berlin-Zehlendorf zu ihrem früheren Arbeitgeber.

Die ausgehende polnische Regierung der PiS Partei hatte ja anti-Deutsche Sentiments wieder salongfähig gemacht und auch den Deutschunterricht für die Deutschen an staatlichen Schulen von drei Stunden pro Woche auf eine Stunde reduziert. Auf der Konferenz berichtete ein Vertreter der neuen Mehrheit im polnischen Parlament, dem Sejm, daß mit der Diskriminierung der Deutschen nun Schluß sei. Das läßt hoffen. Es bringt überhaupt nichts, über die Vergangenheit zu lamentieren. Man muß sich ihrer bewußt sein und dabei in die Zukunft schauen. Ich habe gute polnische Freunde und wünsche mir nichts mehr, als daß die deutsch-polnische Freundschaft einmal ebenso sprichwörtlich wird die deutsch-französische.

Видео Lied der Schlesier in Habelschwerdt канала Andreas G. Wolff, MA (International Journalism)
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8 декабря 2023 г. 0:39:33
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